Schuld – Verantwortung – Umkehr
Mein Vater sprach oft davon, kein mutiger Mensch gewesen zu sein – und in allen Unternehmungen immer sehr vorsichtig. Nachzulesen ist dies auch in seiner zweiteiligen Autobiographie: „Ich war Nazi“ und „Ich habe nur meine Pflicht erfüllt“.
Erwähnen möchte ich aber zwei seiner Äußerungen, die seine Haltung zu den entsetzlichen Geschehnissen verdeutlichen: Mit Friedrich Heer besuchte er am Tag nach der Reichskristallnacht die Oppenheims, um nachzusehen, ob ihnen etwas passiert sei. Er schreibt: „Ich schämte mich für die Zustände, an denen ich mich mitschuldig wusste.“
Als Amalie Oppenheim als eine von wenigen Überlebenden im Herbst 1945 aus Theresienstadt nach Wien zurückkehrte – ihr Mann war dort an seiner unbehandelten Diabetes gestorben – ging mein Vater zu ihr. Er schreibt: „Es ist nicht zu schildern, unter welchen Gefühlen der Scham und Schuld ich ihr gegenüberstand.“
Scham und Schuld haben meinen Vater durch sein Leben begleitet. Er hat nie aufgehört, sich schuldig zu fühlen für das Leid, das über Millionen von Menschen gekommen ist. Und er hat nicht aufgehört, an dieses Leid zu erinnern und möglichst viele Menschen davon in Kenntnis zu setzen – auf dass es nie mehr soweit kommen möge.
Constantia Spühler
Aus aktuellem Anlass hier folgende
Richtigstellung:
Der Artikel „Wer ist eigentlich ein Nazi?“ im „profil“ vom 9. Mai 2008 (Autorin: Dr. Marianne Enigl) enthält das Wort „Schussverletzung“. Dieses Wort wurde von politischen Gegnern gelegentlich irreführend verwendet. Tatsache ist, dass Albert Massiczek im Krieg eine schwere Kopfverletzung hinzunehmen hatte. Diese erfolgte aber nicht durch das Projektil einer Schusswaffe, sondern durch einen Granatsplitter. Dieser traf und zertrümmerte das rechte Jochbein und zerstörte den darüber liegenden Augapfel. Das Gehirn blieb jedoch ausdrücklich unverletzt (Quelle: A.M., „Ich habe nur meine Pflicht erfüllt“, S. 95 ff.).
C. S.