Prof. Dr. Anton Pelinka schreibt an Constantia Spühler:

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24. 8. 2007
Sehr geehrte Frau Spühler-Massiczek,
besten Dank für Ihren Brief vom 18. 8. Ich formuliere in den folgenden Absätzen einen Text, in dem ich in knappen Worten meine Einstellung zur Person Ihres Vaters ausdrücke:
Ich habe Albert Massiczek in den 1960er Jahren in Wien kennen gelernt. Er bemühte sich damals sehr um Kontakte mit der jungen Generation. Sein primäres Anliegen war, diese Generation vom grundsätzlich verbrecherischen Charakter des Nationalsozialismus zu überzeugen. Dabei hob er immer seinen eigenen, schweren Fehler hervor, den er in seiner Jugend mit seinem Beitritt zur NSDAP begangen hatte. Seine Botschaft war, wir – die damals Jungen – sollten nicht seinen Fehler wiederholen.
Ich weiß auch – von Friedrich Heer – dass Albert Massiczek schon bald nach dem „Anschluss“ im Kreis der Mitarbeiter des Österreichischen Instituts für Geschichtsforschung als Gegner des NS-Regimes galt und auch Kontakte zu Widerstandsgruppen aufzunehmen bemüht war. Deshalb bin ich überzeugt, dass Albert Massiczek 1938 nicht mehr Nationalsozialist war.
Ich halte es deshalb für eine grobe Verzerrung, ihn bei der verspäteten Thematisierung der Integration ehemaliger Nationalsozialisten in die SPÖ und speziell in den BSA als Beispiel für einen skandalösen Mangel an Sensibilität bezüglich der Verbrechen des NS-Regimes anzuführen. Er war diesbezüglich immer – auch in seinen Publikationen – besonders sensibel.
Auch wenn ich Albert Massiczeks späteres politisches Engagement rund um die Wahl Kurt Waldheims kritisch sehe, so muss ich doch festhalten, dass er für mich – solange ich ihn gekannt habe – immer ein überzeugter und überzeugender Gegner des Nationalsozialismus war.
Ich bitte Sie, diesen Text so zu verwenden, wie Sie es im Sinne Ihrer Bemühungen für richtig halten.
Mit den besten Grüßen und Empfehlungen