Worte, gesprochen am 20. Jahrestag der Hinrichtung Alfred Rabofskys („Tagebuch“, Oktober 1964).
[Vorrede]
Die Toten an die Lebenden
Wir haben uns in diesen Mauern, die so sehr das qualvolle Sterben atmen, zu einem ernsten Anlaß versammelt. Wir wollen eines jungen, eines knapp fünfundzwanzig Jahre alt gewordenen Menschen gedenken, der hier vor zwei Jahrzehnten zum Tode gebracht wurde durch die Schergen eines Regimes, das sich anmaßte, sich zum Herrn allen Lebens zu machen und das Leben nach dem Prokrustesbett seiner Brutalität und Niedertracht zu biegen oder zu brechen. Halten wir fest: Wir haben die Möglichkeit, hier zusammenzukommen, weil zahlreiche mutige Österreicher sich den Henkern damals entgegengestellt haben. Wir alle wissen, daß es in dem Maß schwer war, diese Zeit zu überleben, als man Gesinnung und Charakter bewies; und daß es für die, die damals da waren, wohl immer mit einem Maß an Schuld erkauft werden mußte. An wie vielen mußte man vorbeisehen, um weiterleben zu können!
Wir haben die Möglichkeit, hier zusammenzukommen. Was aber hat uns hierhergeführt, um unter den sechzig Millionen Toten der Hitler-Barbarei gerade des jungen Schriftsetzers Alfred Rabofsky zu gedenken?
Lassen Sie mich zuerst von mir selbst berichten. Ich hörte diesen Namen zuerst an einem kalten, nebeligen Morgen des frühen Jahres 1939. Ein „Treff“ vereinigte mich an der Seite meines Freundes Friedrich Heer mit dem mir bis dahin unbekannten Eduard Rabofsky, dem Bruder des hingerichteten Alfred Rabofsky, und einem mir damals ebenfalls noch unbekannten Sozialisten: Christian Broda. Wir fragten uns, als wir uns damals am Nordwestbahnhof trafen, nicht nach dem jeweiligen Gesichtswinkel, aus dem heraus wir das Regime verabscheuten und, so gut es eben ging, bekämpften. Wir suchten nur einen Weg, einem Verhafteten des Naziregimes zu helfen – und ich weiß nur allzu gut, daß es mir nicht gelungen ist, etwas in dieser Richtung ins Werk zu setzen. Alfred Rabofsky habe ich nie persönlich gekannt. Wenn ich aber in dessen Leben hineinblicke, und die zwanzig Jahre seit seinem Tode haben mehrfach dazu gedrängt es zu tun, muß ich zu allererst meiner Dankbarkeit darüber Ausdruck geben, daß ich hier sprechen darf, im Angesicht so vieler, die mit ihm zusammen gelebt, gekämpft und gedacht haben.
Alfred Rabofsky wurde am 29. Juni 1919 in Wien, wenige Schritte entfernt von diesem Ort des Grauens, geboren. Im 9. Bezirk ist er in die Schule gegangen, hier hat er gearbeitet, weitergelernt mit einem wißbegierigen Herzen, hier hat er den Februar 1934 als „Roter Falke“ erlebt, Er gehörte der Arbeiterbewegung an, obwohl er deren legale Entfaltung noch nicht mit wachem und reifem Bewußtsein erleben konnte – und er wußte das Unmenschliche der Hitler-Diktatur zu erkennen, obwohl er niemals für die Demokratie geschult worden war oder an einer legalen Arbeiterversammlung teilgenommen hatte. Die Gabe seiner Unterscheidung stammte aus den Tiefen seiner Persönlichkeit, aus jenen uns noch immer zuwenig bewußten Kräften, die gerade in den unbekannten, den sogenannten kleinen Menschen mehr zu Hause sind als oftmals in der sogenannten großen Welt. Ohne Hilfe seitens irgendeiner befugten und wohlbestallten Autorität, ohne offizielles Leitbild, nur nach dem inneren Kompaß stellte sich Alfred Rabofsky von Anfang an gegen den Nazismus. Von Österreich hatte er eigentlich zeitlebens nicht viel Gutes erfahren gehabt. Und doch starb er als unbeirrbarer Kämpfer für Österreichs Befreiung. Das alles gibt nicht nur zu denken, es gibt auch Hoffnung, vor allem Hoffnung in diesen Tagen und für die Zukunft Österreichs.
Alfred Rabofsky wurde als Sanitätsunteroffizier, ausgebildet in der Sanitätsabteilung Wien, verhaftet. Diese Abteilung beherbergte um 1944 fast mehr Widerstandskämpfer als Soldaten für den abgewirtschafteten Führer. Wir finden unter ihnen den Wiener Skilehrer Amberger, den Direktor des Allgemeinen Krankenhauses Doktor Ritschel, Dozent Dr. Solms, den „Hilfskrankenträger“ und heutigen Dozenten Dr. Glaser, Programmdirektor bei Radio Wien, den weithin geschätzten Professor Riese von den Barmherzigen Brüdern und den heutigen Bundesminister für Justiz, Dr. Christian Broda. Im Widerstand und in der Hilfe für die Schlachtopfer des Hitler-Krieges fanden sich Sozialisten, Konservative, Kommunisten und Standortlose zusammen, Menschen aller Richtungen, beider christlicher Konfessionen und Konfessionslose.
Ja, aller Richtungen, so auch solche, die zur Zeit des sogenannten Umbruchs aus ebenso unglückseligen wie unmenschlichen, in Österreich leider sehr heimischen Traditionen heraus begeistert in der Nazipartei gestanden waren. Zu diesen letzteren gehörte auch ich. Mein Standort nach der sogenannten Kristallnacht des Jahres 1938 mag erklären, warum ich hier mit schwer zu schildernden Gefühlen stehe und für Alfred Rabofsky Worte des Gedenkens spreche, warum ich mit mehr Schuld, mehr Schuldigkeit und vielleicht auch mehr Verpflichtung spreche als mancher andere, der die Nazi nicht von innen her erkannt hat. Mir zeigt sich ein tiefer Sinn darin, daß ich, der ehemalige Nazi von 1938, der mit dem Beginn des Hitler-Reiches zum überzeugten Katholiken und zum Gegner wurde, hier für Alfred Rabofsky und alle seine gemordeten Mitkämpfer das Wort ergreifen darf.
In den Jahren des Widerstandes galt, wie gesagt, nicht Konfession und Partei, sondern das eine Ziel: das Ende der Nazimacht und die Befreiung Österreichs. Das Wort Sanität verstanden wir damals als Sanitäter nicht nur im üblichen Sinn, der Versorgung von Kranken und Verwundeten, sondern wir waren bemüht, wo wir konnten, auch die Gesinnung der Gesunden zu sanieren und die Fäulnis an der Wurzel zu bekämpfen. Krieg, Nazi und Tod waren für uns eine einzige Sache, die es zu bekämpfen galt. Auch hatten wir vor, nach dem Ende der Mordherrschaft Prophylaxe zu üben. Die Mörder sollten nie mehr Einfluß erlangen. Nun, damals war das antifaschistische, war das österreichische Bewußtsein stärker als heute.
Die in der Not gewachsene Erkenntnis wurde seither etwas in den Hintergrund geschoben. Ich glaube, daß daran nicht der Wohlstand allein schuld ist, sondern sogar den geringsten Schuldanteil hat. Es gibt in Österreich, im Schatten des Feilschens um die Nazistimmen, ein bewußtes Zurückstellen der Wahrheit, das leider zu Rückstellung und Wiedergutmachung verkehrt proportional ist. Es gab in Österreich auch an offizieller Stelle im Jahre 1945 eine aufreizende Vergeßlichkeit gegenüber dem Jahre 1938. Hätte man damals seine Fehler einbekannt und dies nicht nur von den Kleinen gefordert, so wäre unser Bewußtsein heute klarer und das österreichische Gewissen reiner.
Am 16. Juni 1943 wurde Alfred Rabofsky von seiner Truppe weg verhaftet, nach Wien gebracht und vom sogenannten Volksgerichtshof zum Tode verurteilt. Am 19. September 1944 ist er dann, nach halbjährigem qualvollen Warten im Schallbereich des großdeutschen Fallbeils, in nagender Sorge um Frau und Kind, wegen „Vorbereitung zum Hochverrat, Zersetzung der Wehrkraft und Feindbegünstigung“ hingerichtet worden. Aus dem Wortschatz der nazistischen Bandenmoral ins Deutsche übertragen bedeutet das, daß Alfred Rabofsky seine Bemühungen zentral und umsichtig zugleich angesetzt hatte. Wir wissen, daß sich der Strahlkraft seiner Überzeugung auch militärische Vorgesetzte nicht entziehen konnten. Daß er ihr in Wort und Tat Ausdruck gab, ohne je ein Unterpfand der Erfüllung seiner Hoffnungen gesehen zu haben, ist Beweis seiner Tapferkeit.
Hingegen will man uns eine andere Tapferkeit weismachen. Man erzählt unserer Jugend, Tapferkeit sei, auf Menschen zu schießen, die einem nie etwas getan haben, mit dem Risiko, von Menschen erschossen zu werden, denen man selbst nie etwas zuleide getan hat. Alfred Rabofsky steht mit seinem Handeln und seinem Streben, mit der Einsamkeit seiner Entscheidung, als die Nacht über Österreich lag, mit seinem Aufstand gegen die braune Staatsgewalt an der Schwelle eines neuen Zeitalters. Er ist das Beispiel für die neue Tapferkeit, die zu definieren ist als der Mut, immer und überall, sei es gelegen oder ungelegen, für die Menschlichkeit und die Menschheit Verantwortung zu übernehmen, als Mut, der Unmenschlichkeit ungehorsam zu sein bis zum Tode.
Alfred Rabofsky, Mitglied der Kommunistischen Jugend und der illegalen Gewerkschaften: Bereits Ende 1945 findet sich ein Nachruf für ihn, in dem es heißt: „Tausende österreichische Arbeiter sind auf dem Weg der Kommunistischen Partei durch die Jahre des Terrors als Opfer geblieben. Der Name des Jungkommunisten Fredl Rabofsky wird auf der Ehrentafel aller dieser Gefallenen besonders leuchten, so lange die Arbeiterbewegung ihre Toten ehren wird.“ In ähnlichen Worten gedachte die Gewerkschaft seiner.
War der Weg und das Ende dieses Jungarbeiters, in dem sich der Kampf um Freiheit für Österreich und für die Arbeiterklasse, gegen Nazismus und kapitalistische Wirtschaftsweise verbinden, ein Irrweg?
Am selben Tag wie Alfred Rabofsky starben hier noch viele andere „Hochverräter“ und „Wehrkraftzersetzer“. Mir erscheint als das Wesentlichste an diesem durch eine perverse Justiz legalisierten Massenmord, daß an diesem 19. September 1944 Österreicher verschiedener Richtung in den Tod geschickt wurden, einsam zwar in ihrem Sterben, das in diesem Hinrichtungsraum um so schwerer auf uns lastet, aber gemeinsam in ihrem Befreiungswillen und in der Vertrautheit ihres Zusammenwirkens.
Ich möchte mich als Katholik und Nichtkommunist gerade auch heute bekennen zu diesem Befreiungswillen und seiner Gemeinsamkeit. Ich stand vor der Wahl, hier als Sozialist und Christ das Gedenken für den Kommunisten Fredl Rabofsky wachzurufen, oder es als für einen Nichtkommunisten inopportun zu bezeichnen und abzulehnen. Ich hoffe, es ist jedermann verständlich, warum ich mich dankbar und mit vollem Herzen an die Seite des toten Fredl Rabofsky und seiner zehntausenden Mitkämpfer gestellt habe. Ich appelliere an die Bundesregierung als einfacher Staatsbürger dieser Republik, sie möge sich endlich offen und vor aller Welt distanzieren von der Kontinuität, vom schmachvollen Gestern. Dies in einem Bereich, in dem es tatsächlich keine Neutralität geben kann, weil er über alle Grenzen hinausgeht und alle Zeiten umfaßt. Ich appelliere an sie, nicht länger zu schweigen, sondern sich zu entscheiden für jene, deren aller wir heute in Alfred Rabofsky symbolisch gedenken.
Entsinnen wir uns jener Worte, die in der Zeitschrift „Die Furche“ vom November 1962, in einem Nachruf für Friedrich Leinböck-Winter und den Karmeliterpater August Wörndl, zu lesen waren: „Können wir uns noch ins Auge sehen, solange wir nichts getan haben, die vergangenen Dinge vor Gott und der Welt in das richtige Licht zu rücken? … Unser Schweigen gibt den Mördern recht, unsere Untätigkeit ihren Untaten und jenem Geraune in verstockten Schichten unserer Bevölkerung, … es seien „keine Unschuldigen“ gewesen, die damals durch das Fallbeil starben … “ Österreichs innere Kraft und Stärke hängt heute mehr denn je von seinem offenen Bekenntnis zu sich selbst ab. Dieses aber ist unablösbar vom Bekenntnis zu jenen, die für Österreich gestorben sind!
Wegen der jungen Menschen unter uns wollen wir daran erinnern, daß der Nazismus eine Mordmaschinerie aufgebaut hatte, die in der Geschichte ohne Beispiel dasteht.
Die Mörder werden immer noch gejagt, wenn auch nicht gerade mit großer Hingabe. Worauf man aber keinesfalls vergessen darf, ist die Mordjustiz; wo die Nazi mordeten, taten sie es wie im Fall der Juden in grauenhafter Perversität.
Welches andere Regime, welche andere Wahnidee hätte es zuwege gebracht, die „Erzeugung von Leichen“ fabrikmäßig zu betreiben? Am schwersten wiegt jedoch die nazistische Pervertierung der Justiz – dieses Wort bedeutet eigentlich Gerechtigkeit – zur Mordmaschine. Wenn man schon die Mörder schont, um ihnen Position, Gehalt und Pension zu sichern – wobei ihnen die Epoche des Mordens auf die Dienstzeit angerechnet wird –, so wäre es doch ein Minimalerfordernis, die Gemordeten von der Ungeheuerlichkeit der ihnen angelasteten Naziverleumdungen zu befreien. Ich frage: „Wann wird endlich das offizielle Österreich die Helden seines Freiheitskampfes voll anerkennen?“
In Österreich ging lange darüber die Diskussion, ob auf den Uniformen des Bundesheeres die Dekorationen aus den Hitlerschen Raubkriegen getragen werden sollten oder nicht. Bei all dem Diskutieren, das 1945 nur von hoffnungslosen Narren für jemals möglich gehalten worden wäre, konnte leicht in Vergessenheit geraten, was als das eigentlich Vernünftige, Demokratische, dem wiedererstandenen Österreich Angemessene angesehen werden muß: die Dekoration der Widerstandskämpfer, der lebenden und der toten. Da ging kürzlich bei einem sogenannten Kameradschaftstreffen, wie sie bei uns zur Pflege der Wehrmachtstradition merkwürdigerweise immer noch erlaubt sind, irgendeinem „Kameraden“ im Gedränge eine silberne Nahkampfspange verloren. Sie war ihm nach den Auszeichnungsregeln der Hitler-Wehrmacht verliehen worden, weil er „das Weiße im Auge des Feindes“ – unserer Brüder in fremden Ländern – gesehen hatte. Alfred Rabofsky hat wie so viele Zehntausende seiner ermordeten Gefährten in unzähligen Verhören das Weiße in den blutgierigen Augen der Henker in schwarzen und braunen Uniformen gesehen, ohne daß er auch nur einer offiziellen Erwähnung durch das demokratische Österreich, für das er gestorben ist, für würdig befunden wäre. Es ist nicht sinnreich, dies nur grollend festzustellen Wir sprechen in aller Deutlichkeit die Forderung aus, dieses für die Ehre Österreichs untragbare Versäumnis endlich gutzumachen, und wir werden diese Forderung so lange wiederholen, bis sie erfüllt ist.
Die von der Nazijustiz zum Tode Verurteilten warteten Monate, oft Jahre auf das Fallbeil. Pfarrer Rieger, der Wiener evangelische Gefängnisgeistliche, schildert uns den Vorgang, den hier wiederzugeben Sie mir, bitte, wegen seiner Grauenhaftigkeit ersparen mögen.
Jedenfalls, den unschuldig und gewissenlos Verurteilten und Hingerichteten wurde ein Begräbnis, eine kirchliche Einsegnung verweigert, kein kenntliches Grab gewährt.
Vor zehn Jahren, am 10, Todestag Fredl Rabofskys, sprach an dieser Stelle mein Freund Universitätsprofessor Friedrich Heer. Seinen Worten von damals wäre eigentlich kaum etwas hinzuzufügen, hätte sich nicht aus erst später veröffentlichten Zeugnissen des Gefängnispfarrers Rieger ergeben, daß Alfred Rabofsky als Christ gestorben ist. Unvollständige Zitate in der sonst so verdienstvollen Publikation „Die Stimme des Menschen – Briefe und Aufzeichnungen aus der ganzen Welt 1939 bis 1945“ führten den sowjetischen Literaturkritiker Ginsburg zu den Fehlschluß, Alfred Rabofsky habe im Gefängnis angesichts seines Todes in der Form des Gottesglaubens kapituliert. Eine öffentliche Diskussion rückte die letzten authentischen Äußerungen Fredl Rabofskys ins Licht: Er hat vor der Nazibarbarei niemals kapituliert. Der Glaube an Gott stand seinem Glauben an den Menschen nicht im Wege; er hat nicht den einen Glauben gegen den anderen eingetauscht, sondern es war ein einziger lebendiger Glaube an die ganze große Wirklichkeit, der ihn zuletzt erfüllte, der ihn seine Gefährten nicht preisgeben ließ und der ihn so ruhig und gefaßt hinübergehen ließ, wie er, wäre es ihm gegeben gewesen, die Maschinenpistole gegen die Henker von Auschwitz und Mauthausen gerichtet hätte. Dieser so entschlossene Glaube soll ebensowenig umschwiegen werden wie die bis zum Ende währende kommunistische Überzeugung. Gerade das Ungewöhnliche an dieser Verbindung von zwei scheinbar absoluten Gegensätzlichkeiten sollte uns den Verdacht nahelegen, daß die herkömmlichen Wege des Glaubens an den Menschen ohne den Glauben an Gott, aber mehr noch eines Glaubens an Gott, der nur allzu leicht bereit war, sich in seinem Glauben an den Menschen, angesichts der Barbarei, auf Wehrmachtseelsorge, Feldbischöfe und Ergebenheitsbotschaften zu reduzieren, falsch sind: Alfred Rabofsky fordert uns auf, die Halbheiten und damit das Totalitäre an unseren Überzeugungen aufzugeben und damit einer einzigen großen gemeinsamen Überzeugung entgegenzuwachsen, aus der allein wir die große Freiheit gebären können, die die Voraussetzung ist, daß endlich Friede werde in der einen Welt.
Wir alle, die wir uns heute hier versammelt haben zum Gedenken an Alfred Rabofsky und all die anderen, die mit ihm das Blutzeugnis auf sich genommen und das Opfer ihres Lebens gebracht haben, werden nun hinaustreten in die Hast und das Getriebe einer Welt, die, soll sie heil werden, von uns zuallererst eines verlangt: die Kraft zum Widerstand auch im Kleinsten, in den sogenannten kleinen Leuten und in den kleinsten Dingen. Die barbarischen Kräfte des Nazismus, die Alfred Rabofsky zur Todesmaschine schleiften, sind stets bereit, ihr Werk aufs neue zu beginnen. Ihr Schrittmacher ist der konformistische Opportunismus aller Farben, die ergebenschlampige Ja-und-Amen-Sagerei, das Gefälligwirken wollen, wo es des entschlossenen Nein bedarf. Diese Kraft zum Widerstand, hinter der die Sorge um den Menschen und das Leben steht, wird uns und diesem ganzen Lande Österreich nur kommen, wenn wir das eigentlich Große am Leben erkennen und daraus vor aller Welt ein offenes Bekenntnis machen. Das eigentlich Große aber ist die furchtlose Überzeugungstreue und der Opfermut des einfachen Setzers und Sanitäters Alfred Rabofsky.