Statement Dr. Amalie Oppenheim vom 11. 9. 1945
Wien, 11. IX. 1945
Ich bin nach 3 Jahren aus dem K.Z. Theresienstadt zurückgekehrt und fühle es als meine erste Pflicht, unserem bewährten, guten Freund, Dr. Albert Massiczek, unseren Dank für seine stete Hilfsbereitschaft abzustatten.
Mein Mann, Dr. David Ernst Oppenheim, Professor am akad. Gymnasium hier, der in Theresienstadt gestorben ist, hat ihn durch einen Schüler, Dr. Fritz Heer, im Jahre 1938 kennen gelernt. Seit dieser Zeit hat Dr. Massiczek uns häufig besucht, selbst unter bewußter Gefährdung seiner Sicherheit, in voller Wehrmachtsuniform, selbst als er durch die schwarze Binde über dem Auge allzu kenntlich war. Er hat uns jedesmal zahlreiche nötige, uns fehlende Lebensmittel und anderes gebracht, einen großen Teil der wertvollen Bibliothek meines Mannes zu sich genommen und so gerettet. Nach Theresienstadt hat er uns wiederholt Liebesgabenpakete geschickt, die für uns von wesentlicher Bedeutung waren. Neben dieser materiellen Unterstützung war auch die moralische Hilfe ungemein wertvoll.
In längeren Gesprächen mit meinem Mann, mit dem er sich auch über seine Lehrtätigkeit beriet, hat Dr. Massiczek schon im Jahr 1938 uns gezeigt, daß er, wenn er auch einmal in der nationalsozialistischen Bewegung stand, sich bereits 1938 völlig von ihr abwendete. So hätte er am 9. November 1938 im Hause meines Kusins (Kimstadt, Nelkengasse) plündern sollen, hat dies aber nur zum Schein getan, den Wohnungsinhaber im übrigen gewarnt und geschützt.
Dr. Massiczek ist bereits im Jahre 1938 durch unseren gemeinsamen Freund, Dr. Fritz Heer, in die Katholische Bewegung eingeführt worden, für die er schon damals werktätig arbeitete.
So ist es unsere wohlbegründete Überzeugung geworden, daß Dr. Massiczek der nationalsozialistischen Bewegung seit 1938 feindlich gegenüberstand.
Dr. Amalie Oppenheim
II. Franz Hochedlingerg. 5/9