Statement Elisabeth Pfanhauser vom 1. 3. 1947
Elisabeth Pfanhauser
Diesterweggasse 5
Ich lernte Dr. Albert Massiczek im Herbst 1938 im Hause des von der NS-Herrschaft gemaßregelten und vom Dienste suspendierten, damals unter Anklage der Staatsanwaltschaft stehenden Universitätsprofessor Dr. Alfred Berger, Wien 13, Adolfstorgasse 21 – seinem nachmaligen Schwiegervater – kennen.
Dr. Massiczek veranstaltete im Winter 1938/39 immer wieder interkonfessionelle Aussprachen zwischen jungen Katholiken und Protestanten – so im Hause Dr. Bergers, Dr. Richard Brandes’ und in meiner Wohnung – in denen er sich offen als Gegner des NS-Regimes bekannte und das Ziel verfolgte, uns Jüngeren die Hintergründe des NS-Regimes zu enthüllen und das Christentum als den einzigen Weg aus dem politischen und moralischen Chaos aufzuzeigen. Diese Diskussionen vereinigten immer etwa 10–15 Teilnehmer.
Durch seinen, aus seiner politischen Umkehr verständlichen tiefen Einblick in die Verhältnisse gelang es ihm immer wieder, auch innerlich Schwankende zu überzeugen und ehemalige Nazis zu bekehren.
Als Dr. Massiczek einrückte und seine Rekrutenzeit in Retz in Niederösterreich verbrachte, stand er in enger Zusammenarbeit mit Dr. iur. Wolfgang Marenzeller, der sich in der gleichen militärischen Einheit als Rekrut befand und dort eine Wühltätigkeit begonnen hatte, später in Frankreich desertierte und heute Sergeant in der britischen Wehrmacht ist.
Dr. Albert Massiczek gehörte nach meinem Eindruck seit seiner Bekehrung im Jahre 1938 zu den aktivsten und innerlich überzeugtesten Gegnern des Hitler-Regimes, dies unter den gefährlichsten Umständen. Die ständige Lebensgefahr verachtend verfolgte er unter Hintansetzung seiner Person die Verwirklichung des klar erkannten Zieles des Sturzes der Hitlerherrschaft und der Wiederherstellung der österreichischen Unabhängigkeit.
[signiert: Elisabeth Pfanhauser]
Wien, am 1. März 1947