Brief von Heinz Fichtenau, 19. 8. 1945
19. 8. 45
Lieber Albert,
herzlichen Dank für Deine lieben Bemühungen, mir von meinen Eltern etwas zukommen zu lassen. Besonders für die Sohlen bin ich so sehr dankbar. Wegen Deiner Reisedokumente war ich damals sofort zweimal bei Karasek, der sie nicht mir geben, sondern Dir selbst bringen wollte. Wie ich fürchte, ist er nicht gefahren – überhaupt ist meine Meinung von seiner Verläßlichkeit nicht die allerbeste; man könnte da, glaube ich, unangenehm überrascht werden.
Wegen Deiner Sachen schrieb Burgi schon, daß drei Anzüge weg sind. Bei den fortwährenden wochenlangen Durchsuchungen u. Einquartierungen war es unmöglich, alles zu retten; aber Kleider u. Wäsche sind noch da, immerhin, an der Wäsche partizipiere ich jetzt, ich hoffe, Du bist mir nicht bös darüber, u. kannst von meinen Sachen etwas brauchen.
Lieber Albert, mit dem Enthebungsschreiben von Deiner Dienststelle vom 11. 8. hat es folgende Bewandtnis:
Laut Gesetz vom Juni ist ein Personenkreis aus Staatsstellen zu entlassen, der Amtswalter, Funktionäre, SS usw. umfaßt. Mit diesem Gesetz hat jedoch dieses Schreiben nichts zu tun. Es ist begründet mit einer Änderung des Unterrichtsministeriums vom 8. 8., wonach alle Pg. u. PA. zu entheben (nicht zu entlassen) sind. […]
Daß Du etwas finden wirst, um Euch zum mindesten durchzubringen, wenn die NB [Nationalbibliothek] versagt, halte ich für völlig sicher.
Nun bin ich schon lange nur mehr am Wochenende bei Deiner Familie, die leider immer dünner wird. Aber es ist noch immer besser so, als eine Fortsetzung der Zeiten, in denen jeder Tag eine neue Aufregung gebracht hat. Ich freue mich sehr, wenn du kommst, nun müßte noch Fritz H. [Heer] erscheinen, dann wäre alles in Ordnung!
Alles Liebe bis dahin von Deinem
Heinz F. [Fichtenau]